Brauchen Mütter jetzt auch noch Coaching?
Ja und nein. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass wir Mütter höchst intuitive Wesen sind, die – sofern Sie guten Kontakt zu sich selbst und Zugriff auf ihre Ressourcen haben – sinnvolle Entscheidungen für sich und ihre Kinder treffen können.
Und? Hast Du stets guten Kontakt zu Dir selbst und Zugriff auf Deine Ressourcen? Spürst Du, wer Du bist und was Du brauchst? Sorgst Du gut für Dich? Fühlst Du Dich geerdet und entspannt? Nein?
Und genau aus diesem Grund halte ich Coaching für Mütter für sinnvoll. Ich kenne nämlich kaum eine Mutter, die nicht zwischendurch mal durchdreht.
Apropos Druck: Früher war alles anders
Die Kinderbetreuung und -erziehung wurde einst von einem ganzen Dorf gemeinschaftlich erledigt. Später wurden Kinder mittels sozial anerkannter Machtausübung gemaßregelt und „in Form gebracht“. Zudem war die Berufstätigkeit von Müttern bis vor wenigen Jahrzehnten völlig unüblich. Heute Allerdings haben die meisten Mütter den Wunsch, sich auch beruflich zu entfalten. Wir können weniger auf die Unterstützung der Familie zurückgreifen. Und natürlich erziehen wir unsere Kinder nicht mehr mit dem Rohrstock, sondern gewaltfrei, respektvoll, bedürfnisorientiert und wertschätzend (so der Plan!). Und während dieses Drahtseilaktes zwischen erfülltem Berufsleben, bindungsorientiertem Elternsein, Haushalt, gepflegten Freundschaften und liebevoller Paarbeziehung kochen wir ökologisch angebaute Vollwertkost (die allen schmeckt) und sehen dabei auch bombig aus ;o)
Mal Ehrlich – die Ansprüche, die wir selbst und (vermeintlich) die Gesellschaft an uns stellt, erzeugen vor allem Stress, während unser Resilienz-Vermögen, unsere natürliche Selbstregulation, zunehmend leidet.
Die verzweifelte Suche nach „der richtigen Entscheidung“
Schon schwangere Frauen werden heute mit so vielen Informationen dazu überhäuft, was sie zu tun oder zu lassen, und vor allem zu konsumieren haben. Durchforstet man das Internet, findet man für jeden guten Ratschlag mindestens 16 Für- und 17- Gegensprecher, alle mit „wissenschaftlichem“ Hintergrund. Das wäre ja nicht so schlimm, wenn nicht hinter jeder Entscheidung die Frage lauern würde: „Schade ich meinem Kind, wenn ich….!“ Dieses existenzielle Dilemma kann auch die bodenständigsten von uns in ein Nervenbündel verwandeln, das mit einem Notizzettel voller Fragen vor seiner Hebamme kauert.
Und ist das Kind erstmal auf der Welt, geht es ja weiter! Ich weiß, nicht wie viele Diskussionen ich mit meiner Hebamme, Babybekleidungsfachangestellten und anderen Müttern darüber geführt habe, was denn mein Kind nun nachts tragen soll. Und von der Beikostphase will ich gar nicht anfangen.
Wir hatten mal eine Intuition
Als Babys sind uns Instinkte und eine daraus resultierende Intuition in die Wiege gelegt. Und dann kommt die Gesellschaft mit ihren Regeln und Normen (die natürlich zu unserer Zeit noch etwas rigider waren, als sie es heute sind) und erzieht uns mit Sätzen wie „Das macht man nicht!“ und „Stell Dich nicht so an!“ und schwupps – übersetzt unser sich entwickelndes Gehirn diese Informationen mit dem Gefühl, dass mit unserer (Selbst-)Wahrnehmung etwas nicht stimmt, wir ihr also nicht auf unseren intrinsischen Kompass vertrauen können. Das macht uns abhängig von äußeren Richtlinien – und wenn diese widersprüchlich sind („Kuhmilch ist gut für das Knochenwachstum!“- „Kuhmilch ist entzündungsfördernd und führt zum Leaky-Gut-Syndrom!), ist das Drama perfekt.
Kinder bringen uns in Kontakt mit unseren Emotionen
Das Elternsein lässt uns bekannte Gefühle in völlig neuer Intensität erfahren: Liebe, Freude, Glück und Sinnhaftigkeit können überwältigend sein. Ebenso stark können uns Sorgen, Ängste und Selbstvorwürfen plagen.
Manche Emotionen und Impulse sind überraschend; wir schämen uns dafür, plötzlich Wut zu empfinden, wenn unser schreiendes Baby „sich einfach nicht beruhigen lassen will“. Wir sind genervt davon, wenn es mit fünf Monaten die Blumenerde ausräumt und uns anstrahlt, wenn wir laut „NEIN!“ rufen. Wir werden laut. Wir schreien und fühlen uns anschließend furchtbar. Wir ertappen uns dabei, unsere Kinder auf dieselbe Art und Weise zu „maßregeln“, wie unsere Eltern es mit uns gemacht haben – obwohl wir es doch ganz anders machen wollten! Wir sind plötzlich konfrontiert mit alten Glaubenssätzen wie „Das muss es doch jetzt endlich lernen!“, „Wir müssen da jetzt mal durchgreifen!“ und „wenn mein Kind nicht mit sechs Monaten im eigenen Zimmer schläft, erziehe ich einen unselbstständigen Tyrannen!“ (…) und sehnen uns insgeheim nach Heilung von all unseren Selbstzweifeln und Schuldgefühlen.
Was wir Eltern wirklich wollen – Unsere Kinder sind die größte Motivation!
Wir alle wünschen uns, dass unsere Kinder zu selbstbewussten, zufriedenen, beziehungssicheren und erfolgreichen Erwachsenen heranwachsen; randvoll mit Urvertrauen und Selbstliebe.
Die erste gute Nachricht: Die Verantwortung hierfür liegt nicht ALLEIN bei uns. Wir können nicht alles beeinflussen. Punkt. Entspann Dich.
Die zweite gute Nachricht: Kinder lernen am Modell – das heißt, wir Eltern und die Art und Weise, wie wir mit uns selbst und mit unseren Mitmenschen umgehen, prägt unsere Kinder maßgeblich.
Wir tun also gut daran, etwas für unser eigenes Selbstbewusstsein, unsere Beziehungen, unsere Zufriedenheit, und unseren Erfolg zu tun. Wenn wir lernen, uns selbst zu lieben, können wir diese Ressource an unsere Kinder weitergeben. Wenn wir unseren Kindern vorleben, uns selbst und unsere Bedürfnisse zu achten, wird es für sie einmal ganz natürlich sein, das Gleiche für sich zu tun.
Was könnte eine größere Motivation sein, unseren Kindern die besten Vorbilder fürs Leben zu sein?
Jede Mutter und jeder Vater hat eine ganz persönliche Wahrnehmung vom Elternsein. In diesem Beitrag spielte natürlich meine eigene, die meiner Freundinnen und Yogaschülerinnen eine große Rolle. Ob Mütter Coachings brauchen oder nicht, kann ich nicht final beantworten. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass wir im besten Sinne für unser eigenes Wohlergehen und das unsere Kinder handeln, wenn wir etwas für uns selbst tun; wenn wir uns mit unseren Themen auseinandersetzen und uns weiter entwickeln. Und vielleicht legen wir damit den Grundstein für eine Generation, die weder Coachings noch Psychotherapien brauchen wird: unsere Kinder!